Seit mindestens Sommer 2020 laufen in Hamburg umfangreiche Ermittlungen gegen vermeintliche Aktivist*innen der Gruppe Roter Aufbau nach §129 bzw. §129a („kriminelle“ bzw. „terroristische Vereinigung“).
Die umfangreichen Ermittlungsbefugnisse, die die Repressionsbehörden aufgrund dieser Paragrafen haben (wie z.b. Observationen, Telekommunikationsüberwachung, der Einsatz von verdeckten Ermittlern usw.), werden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch aktuell und weiterhin eingesetzt. Dies betrifft nicht nur das direkte Umfeld der angeklagten Genoss*innen, sondern darüber hinaus können über „Kontakte“ weite Teile der organisierten linksradikalen Strukturen in Hamburg betroffen sein.
Vor 100 Jahren wagte die Arbeiter:innenbewegung in Hamburg den Aufstand. Dieser scheiterte und viele Hamburger:innen landeten daraufhin in den Knästen. Wann auch immer wir uns auflehnten und für eine bessere Welt eintraten, dauerte es nicht lange bis die Herrschenden mit ihren Folterknechten, Staatsanwält:innen oder ihren Schlägertrupps herbeieilten. Wir wollen uns aber trotz dieser Repression nicht mit den Verhältnissen abfinden. Schlechte Arbeitsbedingungen, hohe Preise, unbezahlbare Mieten, Nazis auf der Straße oder im Staat und viele andere Gründe motivieren uns Tag für Tag weiter zu kämpfen: Für eine bessere Zukunft jenseits vom Kapitalismus!
Wir wollen am 18. März all denen unsere solidarischen Grüße schicken, die in den Knästen oder auf den Anklagebänken sitzen, weil sie es wagten, das Bestehende nicht länger zu dulden. Dabei denken wir an den anarchistischen Genossen von den drei von der Parkbank oder die türkischen und kurdischen Linken in den Hamburger Knästen. Wir zeigen uns auch solidarisch mit den Antifaschisten Jo, Dy und Findus in den Knästen und auch mit den Angeklagten im sogenannten Krawall-Nacht-Prozessen in Baden-Württemberg, aber auch mit der Antifaschistin Lina, die seit über zwei Jahren wegen des Antifa-Ost-Verfahrens in Untersuchungshaft sitzt. Wir stehen auch zu den vermeintlichen Mitgliedern des Roten Aufbau Hamburgs, welche unter fadenscheinigen Anschuldigungen mit einem konstruierten Terrorvorwurf konfrontiert sind. Dies sind nur einzelne Beispiele deutschlandweit, unsere Solidarität geht aber ganz klar auch über die Grenzen der BRD hinaus!
Kommt mit uns gemeinsam auf die Straße, zeigen wir zusammen, dass wir hinter unseren Leuten stehen, auch wenn es Einzelne getroffen hat, gemeint sind wir Alle!
Überlegungen zum §129-Verfahren gegen den Roten Aufbau Hamburg
Massenprozesse, Haftstrafen, §129-Verfahren – in der Krise intensiviert der Staat die Repression gegen (revolutionäre) Linke. Dabei ist die Kriminalisierung revolutionärer Organisationen auch ein Angriff auf die Perspektive einer Alternative zum Kapitalismus. Die Antwort der revolutionären Linken darf nicht weniger, sondern muss mehr Organisation sein. Legalität und Illegalität sind dabei lediglich unterschiedliche Bedingungen.
Am 28. August frühmorgens stürmte die Polizei 28 Wohnungen in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und NRW. Ziel waren vermeintliche Mitglieder des Roten Aufbau Hamburg. Sie sollen eine kriminelle bzw. terroristische Vereinigung nach den Paragraphen 129 bzw. 129a gebildet haben. Konkret wird ihnen u.a. vorgeworfen, Videos auf denen politische Parolen gesprüht wurden, verbreitet zu haben. Den „terroristischen“ Charakter der Organisation soll auch ein Aufkleber belegen, der einen Ausschnitt der Proteste in Frankreich gegen das neoliberale, neue Arbeitszeitgesetz der Regierung Macron zeigt, sowie das Bekenntnis zum „Klassenhass“. Neben ähnlichen Bagatell-Delikten, wird drei Genossen außerdem vorgeworfen, in einer nicht näher beschriebenen Weise an einem Brandanschlag auf das Auto eines führenden Hamburger Polizisten beteiligt gewesen zu sein. Die angeblich belastenden Indizien dazu sind der Polizei allerdings schon über drei Jahre bekannt und wurden sogar schon in einer ZDF-Fernsehshow so dramatisierend, wie ergebnislos ausgebreitet. Zu einem Prozess hat dies in den letzten Jahren nicht gereicht und wird es wohl auch in Zukunft nicht.
Vereinigungsdelikte als Repressionsmittel der Herrschenden gegen revolutionäre Organisationsansätze hat im deutschsprachigen Raum eine lange Tradition. So gehen die Ursprünge der heutigen §§129 a/b StGB “Bildung krimineller bzw. terroristischer Vereinigung (im Ausland)” bereits auf die deutsche Kaiserzeit zurück.
Bereits im Reichsstrafgesetzbuch aus 1871 wurde so die Kriminalisierung der organisierten Arbeiter*innenbewegung durch Verbote gegenüber der revolutionären Sozialdemokratie manifestiert. Im Faschismus wurde dies nur noch weiter verschärft und endete für viele tödlich.